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«Inu-Oh» – Japanische Folklore trifft auf Rock Opera

Nach eher konventionelleren Werken wie «Ride Your Wave» kehrt Ausnahmeregisseur Masaaki Yuasa mit seinem neusten Streifen «Inu-Oh» zu seinen experimentellen Wurzeln zurück.

Trailer:

Darum geht es im Film:

Kritik: 

Geschichte und ihre Sieger

Geschichte wird bekanntlich von Siegern geschrieben. Dies gilt auch für den Genji-Clan, der sich im Japan des 12. Jahrhunderts gegen den Heike-Clan durchsetzt und sich dadurch die Vorherrschaft im Land sichert. Mit dem Fall des Heike-Clans verschwinden auch die drei japanischen Throninsignien, darunter das Schwert Kusanagi. Jahre darauf kostet der Fluch, der auf dem Schwert lastet, dem jungen Tomona das Augenlicht. Als blinder Biwa Spieler umherstreifend trifft er auf den entstellten Inu-Oh, dem Sohn einer hoch angesehenen Noh-Theaterfamilie. Kurzerhand schließen sie sich zusammen und inszenieren sich als Rock-Duo. Die Themen ihrer Songs: Geschichten der ruhelosen Geister des Heike-Clans. Ihre Auftritte bringen ihnen eine Menge Ruhm ein, dem Shogunat missfallen die Protestsongs jedoch gewaltig.

Masaaki Yuasas neuster Film ist ein wilder Mix aus Folklore und japanischer Mythologie, gemischt mit einer gehörigen Portion Rock’n’Roll. Dieser recht eigene Mix klingt bizarr und ist es auch. Im Kern ist Yuasas Werk aber eine Geschichte von zwei Außenseitern, die Frage nach der eigenen Identität, geschichtlicher Richtigstellung und die Kraft der Musik.

Der Film braucht zwar einige Zeit um die komplexe Geschichte der verfeindeten Clans, sowie der mythologischen Bedeutung des Schwertes und dessen Fluch in entsättigten Bildern aufzuarbeiten. Spätestens aber, wenn Tomona auf Inu-Oh trifft und auf seiner Biwa die Saiten anstimmt, während Inu-Oh rhythmisch zu tanzen beginnt, nimmt der Film mächtig an Fahrt auf.

Hip Hop und Rock trifft auf Japanische Geschichte

Die Begegnung der beiden Protagonisten markiert den Wendepunkt des Filmes, insbesondere in musikalischer Hinsicht. Während der Film bis dato von traditioneller japanischer Musik untermalt wurde, mischen sich darunter plötzlich Elemente des Rock. Wie schon in seinem Vorgänger-Film «Lu Over The Wall» spiegelt sich hier erneut Masaki Yusas Liebe zur Musik wieder. Die operettenhaften Rockeinlagen sind famos und bizarr zugleich, poetisch und doch zu jeder Zeit politisch. Gegen Ende des Filmes werden sogar Klänge aus Queen’s “Bohemian Rhapsody” hörbar. Kann man dieser Art Musik, die zusätzlich auch Elemente des Hip Hop in sich vereint, etwas abgewinnen, wird man mit «Inu-Oh» eine Menge Spaß haben.

Der Film bleibt dabei zu jeder Zeit experimentierfreudig und hebt sich damit von Yuasas Werken der früheren Vergangenheit ab. Der Animationsstil wirkt zwar besonders in den an Konzertmitschnitte anmutenden Sequenzen etwas zu statisch, versprüht aber trotzdem einen ganz eigenen Charme. Gleichzeitig verliert der Film die übergeordnete politische Dimension, sowie die Freundschaft zwischen Tomona und Inu-Oh nicht aus den Augen.

Fazit:

«Inu-Oh» ist eine spannende Mischung aus Musikfilm und fiktiver Geschichtserzählung. Fans von japanischer Traditionsgeschichte, aber auch Liebhaber*innen des Genres Rock sollten auf jeden Fall einen Blick riskieren. Der Film ist mit seiner eher unkonventionellen Erzählweise, sowie seiner losen Charakterzeichnung auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig. Wen das aber nicht stören sollte, der erlebt eine musikalisch untermalte Zeitreise der anderen Art, die man  sicherlich so noch nicht gesehen hat. In jedem Fall beweist Regisseur Masaaki Yuasa erneut, dass er zu den Ausnahmeregisseuren des japanischen Animations-Kinos gehört.

Wir bedanken uns bei Rapid Eye Movies für die Bereitstellung des Screeners!