«Gintama» ist absoluter Kult in Japan. Die Lokalisierung ist aber eine große Herausforderung. Ob sie KSM Anime gelungen ist und warum «Gintama» in euer Regal wandern sollte, erfahrt ihr in dieser Review …
- Publisher: KSM Anime
- Erscheinungstermin: 10.04.2017
- FSK: Ab 12 Jahren freigegeben
- Spieldauer: 210 Minuten
- Genre: Comedy
- Sprachen: Deutsch (DTS-HD 5.1), Japanisch (DTS-HD 2.0)
- Untertitel: Deutsch
- Anzahl Disks: 2
- Regisseur: Akatsuki Yamatoya
- Studio: Sunrise
- Produktionsjahr: 2006
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Inhalt (10/10)
Die außerirdische Rasse der Amanto hat am Ende der Edo-Periode im 19. Jahrhundert die Erde erobert und die Samurai des feudalen Japan werden als Maßnahme zur Friedenssicherung entwaffnet. Fortan werden sie mit Missachtung gestraft und müssen sich ihren Lebensunterhalt auf andere Weise verdienen. So auch der Tausendsassa Gintoki Sakata, der kurzerhand die «Alles-Agentur» gründet und für Geld fast alle Aufträge annimmt.
Durch verschiedene Zufälle treten auch der Kellner Shinpachi und die Außerirdische Kagura der «Alles-Agentur» bei. Während ihrer verschiedenen Aufträge kommt es immer wieder zu haarsträubenden, urkomischen Zusammenstößen mit den unterschiedlichsten Personen.
Beurteilung
«Gintama» ist ein weitestgehend episodischer Anime und kann so selbstredend nicht mit einem epischen, genial durchdachten Plot glänzen. Das braucht die Serie aber auch gar nicht, denn ihre große Stärke ist der Humor und dieser ist zweifellos einer der besten, den ich in einem Anime bisher genießen durfte. Die Comedy von «Gintama» hat eine ganz eigene Note und deckt ein breites Spektrum ab. So gibt es klassischen Slap-Stick, Wortwitze, schwarzen Humor, sexuelle Anspielungen, vor allem aber unzählige Parodien und Satiren. Hierbei heben sich die Gags in ihrer großen Kreativität wohltuend von denen anderer Serien und Filme ab, seien es solche aus dem Anime-Segment oder auch US-amerikanischen Werken. Ich persönlich bin eigentlich kein wirklicher Comedy-Fan und kann mit entsprechenden Produktionen in der Regel nicht sonderlich viel anfangen. Doch «Gintama» ist es gelungen, mich von Beginn an in seinen Bann zu ziehen. Man hat es nicht mit billiger Gag-Kost vom Fließband zu tun, wie man sie zum Beispiel in Sitcoms meiner Meinung nach häufig serviert bekommt, sondern mit kreativen und oft gehaltvollen Witzen und Parodien. Hinzu kommt, dass der Anime sich selbst nicht zu ernst nimmt, ja vielfach selbstironisch ist, und häufig die vierte Wand durchbricht. Da alles Erdenkliche durch den Kakao gezogen wird, ist ein gewissen Hintergrundwissen zu Japan und insbesondere seiner Popkultur allerdings überaus hilfreich. Das fängt schon mit dem Grundsetting an, denn die erzwungene Öffnung Japans durch die Aliens in der Serie ist eine offensichtliche Parodie auf die erzwungene Öffnung des Landes durch westliche Großmächte gegen Mitte des 19. Jahrhunderts. Man kann zweifelsohne auch als Anime-Neuling ohne die erwähnten Kenntnisse großen Spaß an «Gintama» haben, das Gros der Comedy funktioniert ohne Vorwissen. Für das Sahnehäubchen des humoristischen Genusses sollte man aber in dem Medium schon ein wenig Erfahrung gesammelt haben. Um Missverständnissen vorzubeugen: In der Serie wird natürlich nicht ausschließlich japanisches Kulturgut parodiert, auch an Westlichem bedient man sich munter, so etwa schon ziemlich zu Beginn an «Star Wars». «Gintama» ist jedoch weit mehr als nur eine Aneinanderreihung von gelungen Gags. Auch Freunde von Action, Dramatik oder gut geschriebenen Kurzgeschichten und Parabeln kommen nicht zu kurz. Und obgleich der Anime mit Satiren immer wieder auf Missstände der realen Welt eingeht, tritt er niemals unliebsam belehrend auf und verliert dabei auch nicht seinen Witz und Charme.
Die Charaktere sind natürlich der wesentliche Eckpfeiler des Unterhaltungswerts der Serie. Völlig abgedreht, unkonventionell, vielfältig, interessant, sympathisch, was will man mehr! Das beginnt schon mit unseren drei Protagonisten: Gintoki ist ein Taugenichts-Samurai und Erdbeermilchianer, der andauernd die Jump liest; Kagura ist eine bärenstarke und bärenhungrige naive Tsundere von einem anderen Planeten und Shinpachi ein bodenständiger Erbe eines alten Dojos mit ausgeprägtem Schwesterkomplex und frenetischer Begeisterung für die Sängerin Otsuu Terakado. Bei den Nebencharakteren sieht es nicht viel langweiliger aus. Da hätten wir zum Beispiel eine Ninja-Frau mit Hang zu SM-Spielchen oder einen Sadisten und Shinsengumi-Mitglied, der die ganze Zeit versucht, seinen Vorgesetzten ins Jenseits zu befördern. Die Charaktere schaffen es in den ernsteren Szenen aber auch virtuos, die Stimmung ohne Stilbruch von Comedy in z.B. Drama zu überführen und diese dann glaubhaft und überzeugend zu transportieren. Alles in allem haben wir es mit einem grandiosen Cast zu tun, der meines Erachtens zu den strahlendsten Sternen am Comedy-Himmel, ja am gesamten Anime-Firmament, gezählt werden kann.
Es ist jedoch ratsam, sich zur Einschätzung von «Gintama» nicht nur zwei-drei Folgen anzusehen, denn der Anfang dient der Exposition und Einführung der Charaktere und erscheint manchen vielleicht als ein kleines wenig zäh. Mich konnte die Serie zwar von Beginn an begeistern, aber viele andere Kommentatoren im Netz haben angemerkt, dass sie erst nach ein Paar Episoden so richtig mit dem Anime warm wurden.
Bild (7/10)
In Sachen Detailliertheit der Zeichnungen und Qualität der Animationen kann «Gintama» nicht an die Crème de la Crème des Mediums heranreichen. Das ist einerseits dem Alter der Serie geschuldet, die hier betrachteten Folgen aus Box 1 wurden bereits vor 11 Jahren produziert. Aus diesem Grund ist das Bildmaterial auch noch im heutzutage unüblichen 4:3 Format. Zum anderen gilt es zu bedenken, dass es sich mit 201 Folgen um einen sehr langen Anime handelt und daher die optische Detailverliebtheit naturgemäß nicht in die Sphäre einer in dieser Hinsicht hervorstechenden kurzen Serie oder gar eines entsprechenden Films bzw. einer OVA gelangt. Vor diesem Hintergrund muss «Gintama» sogar ziemlich positiv beurteilt werden. Die Zeichnungen sind besser als die so manch anderen Langzeitanimes und die Animationen sind an wichtigen Stellen bisweilen klar überdurchschnittlich.
Musik (9/10)
Über die Musik kann ich eigentlich nur lobende Worte verlieren. Sie weiß es stets, die jeweilige Szene passend zu unterstreichen und gegebenenfalls die erwünschte Emotion mit zu kreieren. Da der große «Wow»-Effekt aber dennoch ausbleibt, habe ich nur 9 von 10 möglichen Punkten vergeben. Als Opening fungiert das fetzige Pop-Stück «Pray» von Tommy Heavenly6, welches mir überaus gut gefallen hat. Das Ending «Fuusen Gum» wurde von der Band Captain Stridum eingesungen. Dank einer eingängigen und rhythmischen Melodie sowie einem Gute-Laune-Faktor hat mich auch dieser Song sehr angesprochen, zumal er wunderbar zum Style der Serie passt. Der gute akustische Eindruck wird außerdem dadurch verstärkt, dass die deutsche Tonspur im hochwertigen DTS-HD 5.1 Surround daherkommt, auch heute ja leider noch längst keine Selbstverständlichkeit.
>> Opening «Pray»
>> Ending «Fūsen Gamu»
Deutsche Lokalisierung (8/10)
So massiv wie bei «Gintama» wurde wohl noch keine andere Lokalisierung eines Animes im Voraus angezweifelt. Und das völlig zurecht, denn die Serie lebt von ihren Wortwitzen, ihren zahlreichen Anspielungen und ihren Seiyuus (um die Sprecher der drei Protagonisten gibt es in Japan einen regelrechten Personenkult). «Gintama» ist eine Zelebration der japanischen Kultur, parodiert diverse Prominente, Schauspieler, Mangas, Animes, Mangas, TV-Serie, Filme und vieles mehr aus dem Land der aufgehenden Sonne. Auch für Japan- und Anime-Kenner ist somit längst nicht jede Anspielung zu verstehen. Fansubgruppen haben dieses Problem dadurch versucht zu lösen, dass sie unzählige Anmerkungen und Erläuterungen beigefügt haben. Zum Glück hat sich auch KSM Anime dazu entschlossen, in den Untertiteln gelegentlich die Hintergründe der betroffenen Gags kurz zu erklären, machen diese doch einen wesentlichen Reiz der Serie aus. Hierbei wurden zwar die meisten, aber nicht jede einzelne der nicht-offensichtlichen Parodien berücksichtigt. Diesbezüglich kann man den deutschen Übersetzern aber nur schwerlich Vorwürfe machen, schließlich will man den Zuschauer nicht durch Textwälle zum regelmäßigen Pausieren des Video-Players zwingen und zudem würde dies ein kolossales Wissen über die Japanische (Pop-)Kultur erfordern, welches selbst viele Japaner nicht besitzen dürften. Auch ich maße mir trotz einer großen Anzahl an bereits gesehen Animes und einer gewissen Grundkenntnis über die dortige Kultur freilich nicht an, jede Anspielung erkannt zu haben. Einen kleinen Kritikpunkt habe ich in dem Kontext allerdings trotzdem: Die Erläuterungen erscheinen am unteren Bildrand, also an der gleichen Stelle wie die Untertitel. Dies hat zur Folge, dass sie nur ziemlich kurz eingeblendet werden, da sie schnell der nächsten Dialogübersetzung weichen müssen. Daher kam ich mit dem Lesen der Anmerkungen nicht immer ganz hinterher und musste deshalb die Weitergabe pausieren. Besser wäre es meines Erachtens folglich, wenn man die Anmerkungen im Gegensatz zu den Untertiteln am oberen Bildrand platziert und dort dann ein wenig länger stehen gelassen hätte.
Mit der deutschen Synchronisation selbst bin ich ziemlich zufrieden. Mit Jacob Weigert als Gintoki, Tobias Diakow als Shinpachi und Kaya Marie Möller als Kagura haben alle drei Hautrollen passende und überzeugende Stimmen spendiert bekommen. Auch die Nebenrollen sind gelungen besetzt. Die japanische Synchronisation ist zwar ein wenig besser, aber die deutsche braucht sich gleichwohl absolut nicht zu verstecken (Anmerkung: Ich habe «Gintama» vorher noch nicht gesehen, bin in der Hinsicht also nicht voreingenommen). Wie ebenso bei anderen Animeserien gilt natürlich bei dem Vergleich der beiden Sprachfassungen zu bedenken, dass man in Deutschland generell etwas weniger zum Overacting neigt, ob man dies begrüßt oder nicht, ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Für mich jedenfalls ist das weder ein besonderer Vorteil noch ein wirklicher Nachteil. Was dagegen ein Grund ist, warum ich die japanische Sprachfassung für etwas besser halte, ist dass die Intonation seitens der hiesigen Sprecher gelegentlich – wenngleich nur recht selten – nicht ganz optimal getroffen wurde und daher die jeweilige Emotion nicht perfekt transportiert wird. Hierbei geht es allerdings nur um Nuancen, die den Gros der Zuschauer nicht stören dürften. Der letzterwähnte Aspekt hängt im Falle von popkulturellen Anspielungen und manchen Gags mit dem Hintergrundwissen der Sprecher bzw. der Dialogregie zusammen. Um eine völlig perfekte Synchro zu erzielen, wäre es nämlich erforderlich gewesen, die Sprecher im Detail darin zu unterweisen, was die jeweilige Szene im Original inhaltlich und damit verknüpft sprachlich im Feinheitlichen ausmacht. Dies würde allerdings eine Regie erfordern, welche die Materie vollkommen durchdrungen hat, ein etwas utopischer Anspruch. Das ist aber alles Jammern auf hohem Niveau. In summa ist die deutsche Synchronisation sehr gut geworden und dürfte auch entschiedene Skeptiker zufriedenstellen. Die Verantwortlichen haben sich zweifelsohne große Mühe gegeben, den Witz der Ursprungsfassung ins Deutsche zu übertragen und es ist ihnen meines Erachtens auch ziemlich gut gelungen. Und diejenigen, die grundsätzlich OmU-Fassungen bevorzugen, kommen natürlich auch auf ihre Kosten, denn die japanische Tonspur ist auf den Discs wie gewohnt ebenfalls auswählbar.
Charakter | Deutsche Stimme | Charakter | Deutsche Stimme |
Gintoki Sakata | Jacob Weigert | Isao Kondou | Nicolas König |
Shinpachi Shimura | Tobias Diakow | Catherine | Angela Quast |
Kagura | Kaya Marie Möller | Prinz Hata | Markus Hanse |
Sadaharu | Josephine Schmidt | Ayame Sarutobi | Jenny Maria Meyer |
Toushirou Hijikata | Achim Buch | Tsuu Terakado | Mia Diekow |
Sougo Okita | Asad Schwarz | Ayano Terada | Katja Brügger |
Tae Shimura | Arlette Stanschus | Kotarou Katsura | Mark Seidenberg |
Verpackung und Extras (8/10)
Die Blu-ray-Hülle steckt in einem dünnen Pappschuber mit abziehbaren FSK-Sticker. Dies ist definitiv eine gute Sache und macht sich im Regal auf jeden Fall schöner als die Hülle allein. Im Inneren befinden sich neben den beiden Discs zwei Postkarten und ein kleines Werbeheftchen, in dem andere Animes von KSM gelistet werden. Die digitalen Extras sind recht spärlich und beschränken sich auf Trailer zu anderen Serien des Publishers sowie eine Bildergalerie. Damit bewegt sich «Gintama» Box 1 ausstattungstechnisch solide etwas oberhalb des Anime-Durchschnitts. Dennoch wären ein Paar weitere Extras wie etwa Clean Opening & Ending, ein Poster oder ein Booklet begrüßenswert gewesen.
Fazit
«Gintama» Box 1 ist der gelungene Auftakt einer schon längst kultigen Comedy-Serie. Die Gags sind meist absolut köstlich, die Parodien eine Heidenspaß für jeden Anime-Fan, die Charaktere einzigartig, sympathisch und herrlich abgedreht und die Musik stimmungsvoll. Die Zeichenqualität ist sicher nicht meisterlich, aber im Anbetracht der Umstände dennoch zufriedenstellend. Bei der deutschen Lokalisierung hat KSM Anime ganze Arbeit abgeliefert. Die großen Zweifel im Voraus konnte man meines Erachtens zerstreuen, «Gintama» funktioniert auch im Deutschen prächtig und die erklärenden Texteinblendungen tun ihr übriges. Ein Paar kleine Kritikpunkte habe ich bezüglich den Feinheiten in der Synchronisierung und den zu kurz eingeblendeten Erläuterungen zwar doch, um wirklich fundamentale Missstände handelt es sich hierbei aber trotzdem nicht. Wer also Komödien nicht gänzlich abgeneigt ist, sollte Gintama keinesfalls verpassen! Und auch Anime-Neulinge sollten sich nicht abschrecken lassen, «Gintama» ist auch ohne großes Hintergrundwissen sehr lustig. Zuletzt sei noch angemerkt, dass man der Serie gegebenenfalls ein wenig Zeit geben sollte. Nicht bei jedem dürfte der Funke sofort voll überspringen, schon nach wenigen Folgen nimmt der Anime aber gehörig an Fahrt auf.
Bewertung
Inhalt (x3) | 10/10 | |
Bild | 7/10 | |
Musik | 9/10 | |
Deutsche Lokalisierung | 8/10 | |
Verpackung & Extras | 8/10 | |
Gesamt |
8,9/10 |
Wir bedanken uns bei KSM Anime für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.
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